Wilhelm
Mayer: Zum Problem des Dichters Lenz
Das
Eintauchen in die Seele des Dichters Lenz zeugt von tiefem
Verständnis und Einfühlungsvermögen. Denn auch Büchner selbst
scheint ein wenig unter denselben Qualen wie Lenz gelitten zu haben.
Mayer findet es erstaunlich in welchem hohen Masse sich der Dichter
in den Mechanismus der beginnenden schizophrenen Veränderungen, in
die Qual des Erkrankten und in den Wechsel von depressiven und
vergleichsweise normalen Stimmungen einfühlen kann. Er erwähnt
auch, dass dieses Stück (diese Erzählung) wichtig für die Schizophreniefrage (die Erforschung der Schizophrenie) ist.
Veränderungen während dem Prozess der Schizophrenie (der Erkrankung / beim Durchlaufen der Erkrankungsstadien) finden nicht
nur im Gehirn statt, sondern man gewinnt auch einen verständlichen
Eindruck von anderen Formen der Schizophrenie in Büchners Lenz.
Gerhard
Irle: Büchners Lenz. Eine frühe Shizophreniestudie
Die
Phänomene der Schizophrenie werden laut Gerhard Irle auf eine
klassische, dennoch auch distanzierte und wissenschaftliche Art und
Weise erläutert. Gerhard Irle beschäftigt sich in seinem Kommentar
zur Novelle mit einigen Passagen des Werks und kommentiert diese.
Auch beschreibt er Büchners Schreibart, welche auch als Vorläufer
modernen Bemühungen gilt, als ein wesentliches Stilmittel, mit
welchem er die Möglichkeit hatte, die Krankheit deutlich zu
beschreiben. Er beschreibt die Welt aus der Sicht eines erkrankten
Menschen und schildert verschiedenste Gedankenabläufe, die weit über
eine Grenze zu gehen scheinen, aber trotzdem zeitweilig in unsere
Welt zurückzukommen.
„Müdigkeit
spürt er keine, nur war es ihm manchmal unangenehm, dass er nicht
auf dem Kopf gehen konnte.“ (S.7, Zeile 10-12)
Die
ersten Sätze, welche Lenz auf dem Weg durch das Gebirge beschreiben,
werden mit Gelassenheit geschrieben. Büchner stellt das
Ungeheuerliche einer psychischen Krankheit dar wie ein alltägliches
Geschehnis wie zum Beispiel der Regen.
„..ein
dunkler Instinkt trieb ihn, sich zu retten. Er stiess an die Steine,
er riss sich mit den Nägeln; der Schmerz fing an, ihm das
Bewusstsein wiederzugeben.“
„Sein
Zustand war indessen immer trostloser geworden. Alles, was er an Ruhe
aus der Nähe Oberlins und aus der Stille des Tals geschöpft hatte,
war weg; die Welt, die er hatte nutzen wollen, hatte einen ungeheuren
Riss, er hatte keinen Hass, keine Liebe, keine Hoffnung – eine
schreckliche Leere und doch eine folternde Unruhe, sie auszufüllen.
Er hatte nichts.“
An
diesem Beispiel und weiteren die in der Novelle folgen, wird es
verständlich, dass das Ziel seiner vielen Suizidversuche und später
immer mehr die frustranen Bemühungen die Linderungen seiner Qualen
und nicht der Tod ist.