Samstag, 3. September 2016

Willhelm Mayer und Gerhard Irle: Kommentare zu Büchners Lenz

Wilhelm Mayer: Zum Problem des Dichters Lenz


Das Eintauchen in die Seele des Dichters Lenz zeugt von tiefem Verständnis und Einfühlungsvermögen. Denn auch Büchner selbst scheint ein wenig unter denselben Qualen wie Lenz gelitten zu haben. Mayer findet es erstaunlich in welchem hohen Masse sich der Dichter in den Mechanismus der beginnenden schizophrenen Veränderungen, in die Qual des Erkrankten und in den Wechsel von depressiven und vergleichsweise normalen Stimmungen einfühlen kann. Er erwähnt auch, dass dieses Stück (diese Erzählung) wichtig für die Schizophreniefrage (die Erforschung der Schizophrenie) ist. Veränderungen während dem Prozess der Schizophrenie (der Erkrankung / beim Durchlaufen der Erkrankungsstadien) finden nicht nur im Gehirn statt, sondern man gewinnt auch einen verständlichen Eindruck von anderen Formen der Schizophrenie in Büchners Lenz.


Gerhard Irle: Büchners Lenz. Eine frühe Shizophreniestudie


Die Phänomene der Schizophrenie werden laut Gerhard Irle auf eine klassische, dennoch auch distanzierte und wissenschaftliche Art und Weise erläutert. Gerhard Irle beschäftigt sich in seinem Kommentar zur Novelle mit einigen Passagen des Werks und kommentiert diese. Auch beschreibt er Büchners Schreibart, welche auch als Vorläufer modernen Bemühungen gilt, als ein wesentliches Stilmittel, mit welchem er die Möglichkeit hatte, die Krankheit deutlich zu beschreiben. Er beschreibt die Welt aus der Sicht eines erkrankten Menschen und schildert verschiedenste Gedankenabläufe, die weit über eine Grenze zu gehen scheinen, aber trotzdem zeitweilig in unsere Welt zurückzukommen.

„Müdigkeit spürt er keine, nur war es ihm manchmal unangenehm, dass er nicht auf dem Kopf gehen konnte.“ (S.7, Zeile 10-12)
Die ersten Sätze, welche Lenz auf dem Weg durch das Gebirge beschreiben, werden mit Gelassenheit geschrieben. Büchner stellt das Ungeheuerliche einer psychischen Krankheit dar wie ein alltägliches Geschehnis wie zum Beispiel der Regen.

„..ein dunkler Instinkt trieb ihn, sich zu retten. Er stiess an die Steine, er riss sich mit den Nägeln; der Schmerz fing an, ihm das Bewusstsein wiederzugeben.“
„Sein Zustand war indessen immer trostloser geworden. Alles, was er an Ruhe aus der Nähe Oberlins und aus der Stille des Tals geschöpft hatte, war weg; die Welt, die er hatte nutzen wollen, hatte einen ungeheuren Riss, er hatte keinen Hass, keine Liebe, keine Hoffnung – eine schreckliche Leere und doch eine folternde Unruhe, sie auszufüllen. Er hatte nichts.“


An diesem Beispiel und weiteren die in der Novelle folgen, wird es verständlich, dass das Ziel seiner vielen Suizidversuche und später immer mehr die frustranen Bemühungen die Linderungen seiner Qualen und nicht der Tod ist.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen